Henter-Touren
1994 Tanzania


Die Schilderungen der Hintergründe basieren auf "erzählt bekommen", "hören-sagen" und bestimmt auch einiges an "Seemansgarn". Aber die Auswirkungen sind garantiert.

Ein Fax aus Afrika

Also, es war einmal... 1994 als ich mit Jürgen, dem Polizisten und ehrenamtlichen Entwicklungshelfer, Tanzania und Sambia unsicher machte. Wir waren ausschließlich in Pfarreien, Klöster, theol. Unis etc. untergebracht.

In Tanzania hatten wird schon mitbekommen, daß Telefonieren ein Abenteuer ist: Du gehst zu Hause an Dein Telefon, kurbelst die Kurbel, wartest und wiederholst das so lange, bis sich das Fräulein von der Vermittlung meldet. Der gibst Du die gewünschte Telefonnummer durch und hängst ein. Sie versucht dann eine Leitung herstellen zu lassen, was je nach Entfernung viele Fräuleins sein können, die manuell die Leitung per Stöpsel herstellen müßen. Irgendwann Stunden später (oder auch ein/zwei Tage später) klingelt dann bei Dir das Telefon und das Fräulein ist dran. Sie übergibt Dir das Gespräch und startet den Gebührenzähler. Meistens ist der erste Versuch ergebnislos und endet nach lauten Schreien auf beiden Seiten mit einem Leitungszusammenbruch. Dann kurbelst Du wieder und sagst dem Fräulein Bescheid. Sie versucht dann die Verbindung erneut herzustellen, was idR nun schneller geht (<1 Stunde). Wenn das Telefon bei Dir wieder klingelt, kannst Du den nächsten Versuch starten. Meistens, aber nicht immer, klappt es dann und die Leitung bleibt für 5 Minuten stabil, auch wenn Du dabei durch das notwendige laute Schreien bald heiser bist (daher reichen 5 Minuten dicke aus ;-). Am Ende des Gesprächs kurbelst Du wieder das Fräulein an und bittest, den Gebührenzähler anzuhalten und Dir die Kosten zu nennen.

Selbstredend muß im Zeichen der optimalen Ausnutzung des Netzes und aller Glückfälle damit gerechnet werden, daß die Verbindung wirklich IRGENDWANN zustande kommt. Ergreife Dein Glück dann mit Dankbarkeit, auch wenn es halb vier Uhr morgens sind.

Soweit ein relativ problemloses Gespräch zu den nächsten Orten. Eine Fernverbindung z.B. zur Hauptstadt läuft genauso ab, nur daß Du darauf evtl. auch mal eine Woche wartest. Aber Zeit spielt in Afrika ohnehin keine Rolle (wirklich, nirgendwo ist mir dieses derart aufgefallen!).

Internationale Gespräche gehen so natürlich nicht. Dazu mußt Du schon in die nächste Bezirkshauptstadt fahren und dort das Telefonamt besuchen. Es empfiehlt sich, dieses recht früh morgens zu machen, denn auch hier dauert es, bis eine der wenigen Auslandsleitungen durchgeschaltet wurde. Während dieser Zeit wartest Du brav im Telefonamt. Meistens bekommst Du noch am gleichen Tag eine Verbindung.

Ein Fax derart zu verschicken, wäre kein Problem (wie gesagt, die Zeit gilt nicht als Problem). Jedoch sind Faxgeräte sehr dünn gesäht, da gerade bei Ferngesprächen die Post u.U. schneller ist. Aber in größeren Städten, derer es in Tanzania bestimmt 5-6 Stück gibt, kannst Du auch ein Fax ausfindig machen. Das eigentliche Problem ist nun, daß Auslandverbindungen ja nur vom Fax-losen Telefonamt gehen und bei Faxverbindungen sich die Geräte zwecks Verständigung nicht anschreien können. Daher muß mittels Bestechung das Fräulein vom Amt dazu gebracht werden, daß sie Dir eine "Regierungsleitung" zur Verfügung stellt, die i.d.R. per Funk eine ausreichende Qualität haben und daß das Fräulein Dir diese Leitung sogar zu Deinem Faxgerät durchstellt.

Also: suche ein Faxgerät in einer großen Stadt auf (frage in div. Geschäften, so nach 10 Nachfragen triffst Du auf einen der weiß wo ein Gerät steht) und spreche mit dem Besitzer. Handele einen guten Preis aus, was damals auf ca. 60 US$ je Seite hinauslief, gebe im das zu faxende Papier, verabschiede Dich und vertraue Dich dann dem Guten im Menschen an. Irgendwann wird er eine Leitung bekommen, denn es kommt recht selten vor, daß Du dabei betrogen wirst. Aber das heißt noch gar nichts: sollte die Leitung nun doch nicht so gut sein oder die Übertragung wird wegen offiziellem Bedürfnis gekappt, dann hattest Du ja Deine Leitung und Verbindung gehabt: der Faxbesitzer hat dann die Bestechung bezahlt, der Bestochende hat seine Aufgabe gemacht, Du hattest bezahlt, aber das Fax hat nie seinen Empfänger erreicht.

Nun glaube nicht, daß Du eine Nachricht bekommst, daß es nicht geklappt hat: warum auch? Jeder Beteiligte hat sein Teil erledigt, so daß demnach alles OK ist und kein Grund für Klagen oder Benachrichtungen vorliegt.

Mittels göttlicher Hilfe war es mir aber möglich, meine Nachricht einem Stellvertreter des Himmels anzuvertrauen, der dann dafür sorgte, daß nur einen Tag später meine Eltern ein Fax mit meinen Ankunftszeiten in Deutschland erhielten - und das alles zu Gottes Lohn :-)


Bernard Henter, Am Flugfeld 33, 40489 Düsseldorf, Tel 0211-404113, email info@henter.name